Der Kater muss weg!

Warum solche Ratschläge gefährlich sind

Cartoon-Zeichnung von zwei getrennt sitzenden Katzen, zwischen ihnen ein Wegweiser mit zwei Richtungen. Symbol für Plan A und Plan B bei Katzenstreit

„Der Kater muss weg“ – so lautete der vorschnelle Rat, den meine Kund*innen nach einem Streit bekamen. Warum solche Empfehlungen oft mehr schaden als helfen, welche Kriterien wirklich zählen und wie ein Plan B Sicherheit gibt, ohne die Hoffnung zu zerstören, liest du in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

Ein Satz, der alles verändert

Wie es passiere kann, dass Katzen ganz plötzlich aus heiterem Himmel in Streit geraten, hast du im letzten Beitrag „Katzenstreit aus heiterem Himmel“ erfahren. 

Kurzer Rückblick: Ein plötzlicher Schreck, die Ursache nicht greifbar – und die Anspannung richtet sich fehladressiert gegen die Mitkatze. In solchen Föllen spricht man von umgerichteter Aggression. 

In dieser Lage liegen die Nerven blank. Wenn dann Ratschläge wie „Die Katze muss weg“ dazukommen, fühlt es sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Genau so erging es auch meiner Kundenfamilie aus dem Fallbeispiel – bevor überhaupt jemand die Gruppe näher kennengelernt hatte.

Solche Trennungsvorschläge ohne saubere Abklärung sind voreilig und selten hilfreich.

Warum vorschnelle Trennungsempfehlungen problematisch sind

Natürlich gibt es Situationen, in denen eine Umplatzierung sinnvoll und fair sein kann. Hat die Katzengruppe zuvor harmonisch zusammengelebt, halte ich eine solche Empfehlung für vorschnell – es sei denn, die Halter*innen äussern den deutlichen Wunsch, sich von einer Katze zu trennen.

Vorschnelle Trennungsempfehlungen sind gefährlich, weil sie:

  • Halter*innen das Gefühl geben, versagt zu haben.

  • Katzen den Stempel „unverträglich“ aufdrücken, obwohl sie zuvor harmonisch zusammengelebt haben.

  • wertvolle Chancen für eine Wiederannäherung zunichtemachen.

Deine Katzen sind nicht dumm und auch nicht böse! Wenn sie nach einem Vorfall ablehnend reagieren, hat das nichts mit Bosheit oder Nachtragendsein zu tun. Katzen lernen blitzschnell – und ziehen naheliegende Schlüsse: „Die andere Katze war da, also ist sie schuld.“ Für die Katze ist das logisch, für den Alltag aber belastend. Mit Geduld, Training und deiner Unterstützung können sie lernen, neue und positive Verknüpfungen zu knüpfen.

 

Was wirklich zählt: Kriterien statt Bauchentscheid

Die entscheidende Frage lautet nicht: „Gab es einen schlimmen Vorfall?“ – sondern:

  • Gibt es chronische Konflikte oder war es ein einmaliges Ereignis?

  • Sind medizinische Ursachen ausgeschlossen (Schmerzen, Erkrankungen, hormonelle Probleme)?

  • Sind die Halter*innen bereit, aktiv an einer Lösung zu arbeiten?

  • Zeigen die Katzen grundsätzlich Ressourcen, um wieder Vertrauen aufzubauen?

  • Sind zeitliche und emotionale Ressourcen auch auf Seite Mensch für eine Wiederannäherung vorhanden – oder können wir das Tempo so wählen, dass es für alle machbar bleibt?

Das ist kein Härtetest, sondern eine Standortbestimmung: Du darfst klein anfangen, Tempo anpassen und dir Unterstützung holen.

Solange die Antworten darauf nicht klar sind, ist es viel zu früh für eine endgültige Trennung. Solltest du gerade in einer entsprechenden Situation stecken: Gib dir und deinen Katzen Zeit: Entscheidungen werden besser, wenn die Basis stimmt.

Plan B – und warum er manchmal zu früh kommt

Im Falle von Streitereien unter Katzen empfehle ich gelegentlich, einen Plan B zu erstellen. Das bedeutet: Wir entwickeln einen Trainings- und Massnahmenplan zur Verbesserung der aktuellen Situation – und parallel denken die Halter*innen darüber nach, welche fairen Alternativen es gäbe, falls der Weg nicht zum gewünschten Ziel führt.

Plan B kurz erklärt

Was Plan B ist und was nicht

✅ Plan B ist …

  • eine mentale Absicherung und klare Struktur „falls …“
  • vorausdenkend, ohne die aktuelle Arbeit zu untergraben
  • individuell auf deine Katzen und Lebensumstände abgestimmt

 

❌ Plan B ist nicht …

  • ein Startsignal zum Aufgeben
  • eine Schnelllösung nach einem einzelnen Vorfall
  • ein Ersatz für Training, Management und medizinische Abklärung
 

Wann Plan B zum Einsatz kommt

✅ Plan B ist …

  • Wenn trotz konsequenter Massnahmen deutlich wird, dass das Wunschziel (z. B. stabile Koexistenz) nicht erreichbar ist.

  • Wenn Sicherheit für Mensch/Tier sonst nicht gewährleistet werden kann.

  • Wenn eine Katze dauerhaft leidet (klinische Stresszeichen, Rückzug, Futterverweigerung) und sich unter angepasstem Tempo nichts verbessert.

 

Was ein fairer Plan B klärt (3 Fragen)

  • Wohin passt die betroffene Katze charakterlich am besten (ruhiger Single-Haushalt, sozialer Partner, Indoor/Outdoor)?

  • Wie gelingt der Übergang behutsam (Zeit, Infos, gewohnte Ressourcen, Nachbetreuung)?

  • Was bleibt für die Daheimgebliebenen (Routinen, Beschäftigung, medizinische Checks)?

👉 Ein Plan B nimmt Druck – er soll dir Sicherheit geben, nicht die Hoffnung nehmen. 🐾

👉 Aber: Manchmal zeigt sich schon beim Erstellen eines Plan B, dass die Rahmenbedingungen nicht passen – etwa, wenn eine einzelne berufstätige Person mehrere Katzen versorgen muss, die sich dauerhaft nicht vertragen, oder wenn gesundheitliche und finanzielle Belastungen kaum zu stemmen sind.
In solchen Fällen ist es legitim, Plan B direkt umzusetzen. Ein schlechtes Gewissen ist verständlich, aber fehl am Platz – denn das Wohl von Katzen und Menschen steht letztlich im Vordergrund.

Ein bisschen Hoffnung darf sein

Der Fall meiner Kundenfamilie zeigt: Es bewegt sich etwas. Trotz eines dramatischen Vorfalls und wenig hilfreicher Empfehlungen hat sich die Gruppe überraschend zügig stabilisiert.

Halterin und Halter legten los: Sie führten Clickertraining und Activity-Feeding ein, passten Routinen an und achteten auf kleine, machbare Schritte – spürbar mit Freude und Konsequenz.

Ja, es gibt noch Einzelzwischenfälle – aber sie bleiben deutlich milder als der erste, wirklich dramatische Moment. Und wir sind mitten im Prozess: Der Massnahmen- und Trainingsplan greift Schritt für Schritt.

Geduld, Wissen, Unterstützung – das ist die Mischung. Und sie wirkt.

Dazu gehört auch, medizinische Aspekte ernst zu nehmen: Die Katzen wurden tierärztlich untersucht, eine bekommt nun Schmerzmedikamente, und zeitweise kam – in Absprache mit dem Tierarzt – auch ein Beruhigungsmittel zum Einsatz.

👉 Genau darauf gehe ich unter anderem im nächsten Beitrag dieser Serie näher ein: Welche Rolle Medikamente spielen können – und wann sie sinnvoll sind.

Fazit: Nicht jeder Rat ist ein guter Rat

Wenn dir jemand vorschnell sagt, du müsstest eine deiner Katzen abgeben, lohnt es sich, innezuhalten. Hol dir eine zweite Meinung, prüfe die Situation gründlich und gib deinen Katzen – und dir selbst – die Chance auf einen gemeinsamen Weg.

👉 Im nächsten Beitrag dieser Serie zeige ich dir, wie eine strukturierte Wiederannäherung nach einem Vorfall aussehen kann, warum Gittertüren dabei mehr sind als nur „Trennwände mit Sichtkontakt“ und welche Rolle Beschäftigung spielt.

🔗 Alle Teile dieser Serie im Überblick​

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Katzenpsychologie Brigitte Richner
Brigitte Richner
zert. Katzenpsychologin.
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