Wenn loslassen zur Fürsorge wird

Abwägen statt Aufgeben – zwischen Überforderung und Verantwortung

Weisse Katze in Transportkorb im Vordergrund, Tabby-Katze leicht im Hintergrund, weinender Mensch im Hintergrund

In den letzten drei Teilen dieser Blogreihe haben wir Schritt für Schritt nachvollzogen, wie eine Katzengruppe aus dem Gleichgewicht geraten kann. Es begann mit einem plötzlichen Streit aus heiterem Himmel – gefolgt von gut gemeinten, aber oft fatalen Ratschlägen wie «Die regeln das schon unter sich».

Der zweite Beitrag drehte sich um eine Aussage, die viele Halter*innen früh zu hören bekommen: Der Kater muss weg. Diese Empfehlung klingt nach einer klaren Lösung – doch sie kommt oft viel zu früh. Statt vorschnell zu handeln, lohnt sich oft ein zweiter Blick: Gibt es einen Weg zurück zur Harmonie?

Im dritten Beitrag haben wir uns angesehen, wie Versöhnung mit System möglich sein kann – wie Struktur, Training und Management neuen Raum für Begegnung schaffen, ohne die Katzen zu überfordern.

Und nun sind wir an dem Punkt angekommen, über den kaum jemand sprechen möchte: Was, wenn all diese Bemühungen nicht reichen? Wenn der Wunsch nach Harmonie an seine Grenzen stösst und eine ehrliche Entscheidung gefragt ist – nicht gegen eine Katze, sondern für mehr Lebensqualität.

Inhaltsverzeichnis

Wenn Hoffnung an Grenzen stösst

So sehr wir uns wünschen, dass jede Katzengruppe wieder zueinanderfindet – manchmal klappt es trotz aller Mühe nicht. Monate voller Training, Management, Beschäftigung und Geduld – und trotzdem gibt es Rückfälle, Aggressionen oder eine Katze, die dauerhaft unglücklich ist.

Und ja – leider gibt es auch diese Fälle, in denen du eine Umplatzierung von Anfang an in Betracht ziehen solltest.

Das anzusprechen ist wichtig, denn nur Ehrlichkeit schafft Klarheit.

Wann Plan B zu Plan A werden sollte

Im vorletzten Beitrag (Der Kater muss weg) habe ich dir von Plan B erzählt – einem alternativen Weg, der parallel zur Wiederzusammenführung entwickelt wird. Manchmal zeigt sich: Alle Bemühungen sind vergeblich. Dann kann es sinnvoll sein, Plan B in den Vordergrund zu rücken.

Wenn du die gesamte Blogreihe verfolgt hast, weisst du, dass ich keineswegs befürworte, die Flinte vorschnell ins Korn zu werfen. In den allermeisten Fällen lohnt sich zumindest der Versuch, eine Wiederzusammenführung in Begleitung einer Katzenpsycholog*in oder Katzenverhaltensberater*in in Angriff zu nehmen. 

Dennoch gibt es Fälle, wo Plan B direkt kommen kann. Dies ist dann der Fall, wenn 

  • eine Katze unter der angespannten Situation so stark leidet, dass sie selbst mit tierärztlich begleiteten Maßnahmen (Beruhigungsmedikamente) nicht zur Ruhe kommt.

 

  • es zu blutigen Kämpfen unter den Katzen gekommen ist

 

  • eine größere Katzengruppe von nur einer Person betreut wird, ohne verlässliche Unterstützung

 

  • dem Menschen die Zeit fehlt, um Begegnungstraining und getrennte Betreuung zu gewährleisten

 

  • die Gruppenzusammensetzung schlicht unglücklich ist (z. B. eine Seniorkatze mit wilden, kaum zu bändigenden Jungspunden)

 

  • getrennte Unterbringung die Lebensqualität aller Beteiligten massiv einschränkt.

 

💡 Denk daran: Für eine Katze bedeuten 3–4 Monate etwa ein Jahr ihrer Lebenszeit. Was für uns kurz erscheint, ist für sie lang.

Umplatzierung als faire Lösung

Egal, ob du Plan B erst dann in Erwägung ziehst, wenn du schon alles versucht hast, oder gleich zu Beginn: Sie kann eine faire Lösung sein. 

Das Wort „Umplatzierung“ löst bei vielen Halter*innen Schuldgefühle aus. Doch:

  • Es geht nicht um Versagen, sondern darum, allen Beteiligten ein lebenswertes Umfeld zu sichern.

  • Eine Katze, die in der Gruppe dauerhaft leidet, kann an einem passenden Platz aufblühen.

  • Und JA – Halter*innen dürfen traurig sein – und trotzdem diese Entscheidung treffen.

Wohlüberlegt und behutsam

Wichtig ist, dass eine Umplatzierung wohlüberlegt und behutsam geschieht.  Wenn du also in so einer Situation steckst:  

  • Wäge sorgfältig ab, welche Katze ausziehen soll – wähle nicht einfach die Katze, die aus deiner Sicht die „Unruhestiferin“ ist.  
 
  • Suche – wenn möglich – direkt einen neuen Platz für deine Katze. Tierheime sind oft überfüllt.  
 
  • Übergib deine Katze nicht den erstbesten Interessenten – prüfe, ob die Bedingungen für deine Katze wirklich passen. 

  • Falls du dringend handeln musst: Wähle ein passendes Tierheim und lass dir die Katzen-Unterkünfte zeigen, bevor du sie dort abgibst. 
  •  
  • Gib dem Tierheim oder den neuen Haltern möglichst viele Informationen zur Vorgeschichte deiner Katze.

 

💬 Eine Katzenpsycholog*in oder Katzenverhaltensberater*in kann dich durch diesen Prozess begleiten. 

Auszug und Einzug

Wenn du einen neuen Platz gefunden hast:

  • Gib deiner Katze ihre Lieblingsdinge mit (Decken, Spielzeug, Bettchen)
  • Plane genug Zeit für die Übergabe ein – aber nicht zu viel
  • Bereite deine Katze auf den Umzug vor – allenfalls kann Zylkene und/oder Anxitane unterstützend wirken. 
  • Verabschiede dich bewusst – verschiebe deine Traurigkeit auf später und genieße die letzten gemeinsamen Momente

 

Zum Transport: Solltest du die Katze an den neuen Ort bringen oder sollten die neuen Halter sie holen kommen? Hier gilt der einfache Grundsatz: Wer für einen entspannteren Transport sorgen kann, sollte ihn übernehmen. Wenn du befürchtest, während der Fahrt emotional überfordert zu werden, lass die neuen Halter*innen kommen.

Zum Kontakt danach: Für Rückfragen zur Vorgeschichte solltest du erreichbar sein. Ob du darüber hinaus Fotos oder Updates möchtest, entscheidest du selbst – je nachdem, was dir guttut.

Die emotionale Seite

Ein Abschied ist schwer – oft begleitet von Selbstzweifeln. Doch:

  • Niemand ist schuld, wenn eine Konstellation nicht funktioniert
  • Entscheidend ist, dass du es versucht hast
  • Auch wenn eine Katze geht, bleiben Erfahrungen, Wissen und neue Sensibilität zurück
  • Lass dir kein schlechtes Gewissen einreden – besonders nicht von sozialen Medien. Denn das ist nicht gerechtfertigt. 

Zwischen Aufgeben und Loslassen

Es gibt einen Unterschied zwischen aufgeben und loslassen:

  • Aufgeben heißt, keine Energie mehr zu investieren.
  • Loslassen heißt, nach ehrlichen Bemühungen und Abwägen anzuerkennen, dass eine andere Lösung besser ist.

Fazit: Ein Ende kann auch ein Anfang sein

Manchmal bedeutet das Ende einer Katzengruppe den Anfang für ein entspannteres Leben – für alle Beteiligten.
Wichtig ist, nicht vorschnell in diese Richtung zu denken, sondern erst dann, wenn klar ist:

„Wir haben alles versucht.“ oder „Wir können die Situation nicht meistern.“

Ein Blick auf den echten Verlauf dieses Falls

In dem Fall, der dieser Blogreihe zugrunde liegt, kam es glücklicherweise nicht so weit.

Trotz gut gemeinter, aber wenig hilfreicher Empfehlungen von aussen entschieden sich die Halter*innen dafür, genau hinzuschauen – statt vorschnell zu handeln. Sie trennten die Katzen zunächst räumlich, senkten die Anspannung und begannen Schritt für Schritt mit einer behutsamen Wiederannäherung.

Schon nach einem Tag beruhigte sich die Situation deutlich. Die Katzen zeigten wieder soziale Signale, das Spielverhalten kehrte zurück und heute arbeiten die Halter*innen bewusst daran, die Beziehung der Tiere zu pflegen – nicht, weil „etwas Schlimmes passiert ist“, sondern weil sie erkannt haben, wie wertvoll vorbeugende Beziehungspflege ist.

Für diese Gruppe war Plan B nicht nötig. Doch gerade ihre Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, Plan B denken zu dürfen – nicht als Scheitern, sondern als Teil eines verantwortungsvollen Umgangs mit komplexen sozialen Beziehungen.

Entscheidend ist nicht, welcher Weg gewählt wird, sondern warum.

Und genau hier beginnt echte Fürsorge.

🔗 Alle Teile dieser Serie im Überblick

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Katzenpsychologie Brigitte Richner
Brigitte Richner
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